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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 8.1901

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Wolff, Fritz: Bernhard Wenig - Berchtesgaden
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https://doi.org/10.11588/diglit.6597#0071

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von der »naturalistischen« Fakultät behauptet haben, dass die
Weiter - Entwickelung des Schnörkels unmöglich sei, dass »im
Gegenteil immer mit der Etablierung eines allgemeinen Schnör-
kels anstelle des sich stets erneuernden, lebensfähigen, natura-
listischen Ornaments der Verfall einer Kunst-Epoche eingetreten
sei«, so dürfte mit dieser wenig evolutionistischen Auffassung
das Ganze wohl erstens allzu tragisch genommen sein: Andere
wieder haben vor noch nicht einem Jahrzehnt über den unver-
meidlichen Untergang der Kunst lamentiert, als der Naturalismus
im Ornament zuerst auftrat. Und dann könnte vielleicht gerade
Bernhard Wenig eines der Beispiele sein dafür, dass der
»Schnörkel« garnicht entwickelungsunfähig ist. Will man durch-
aus wieder Einflüsse wittern, so wird es nicht schwer sein,
Verwandtschaften mit anderen Vertretern des Linear-Ornaments,
etwa in den Buch-Einbänden von Wilh. Bölsche's »Liebesleben«
oder Richard Schulz' »Mutterpflicht« herauszufinden. Auch in
den Umrahmungen einer ganzen Reihe seiner Holzschnitte wird
man Anklänge an Pankok oder Fritz Erler finden wollen oder
können, aber darum hat Wenig doch ein Neues daraus gemacht,
die ersten ihm selbst unbewussten Anregungen waren einer
Entwickelung eben fähig, und Wenig, der nicht einseitiger
Pflanzen - Ornamentiker ist, hat eben darum das Zeug dazu.
Daher wird ihm niemand nachweisen können, dass ihm als
»Basis für eine gesunde Weiter-Entwickelung der enge Anschluss
an den unerschöpflichen Reichtum der Natur« fehlt. Überhaupt
wird der ganze so nutzlose Streit nur lächerlich durch das
künstliche Herausbilden solcher angeblicher Gegensätzlichkeiten,
die in Wahrheit gar keine sind. Das sind Doktor - Fragen
zwischen Malern, für die es keine Erledigung gibt, weil sie
keine brauchen. Der einzig in Betracht kommende Gesichts-
punkt ist eben doch der der Material - Eigenschaf ten und von
ihnen allein geht Wenig aus. Seine Möbel, seine Arbeiten in
Schmiede-Eisen, die Goldschmiede-Entwürfe, die Beleuchtungs-
Körper verdanken nicht einer Parole ihren Ursprung, sondern
sollen nur Lösungen der praktischen Aufgabe in künstlerischer
 
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